Wirecardskandal – Die Bilanzprüfer stehen in Anlegerskandalen am Pranger

Anwaltskooperationen formieren sich: anlegerservice@wirecardskandal.at

Die Anwälte Mag. Jörg Zarbl und MMag. Dr. Johannes Neumayer von Neumayer, Walter & Haslinger haben aus Anlass des umfangreichen Wirecardskandals eine umfangreiche Kooperation betreffend der Ansprüche von Anlegern gegen die Wirtschaftsprüfer vereinbart und dafür einen Verein gegründet, bei denen die Anleger selbst die Marschrichtung bestimmen können und mit allen seriösen Anlegerplattformen kooperieren möchte. 

Mag. Jörg Zarbl hat bereits frühzeitig Strafanzeige gegen den Wirecardgründer eingebracht und die Beschlagnahme der vermutlich aus Mitteln der Wirecard finanzierten Salzburger Liegenschaft beantragt  hat. MMag. Dr.Johannes Neumayer von Neumayer, Walter & Haslinger hat bereits erfolgreich – in Kooperation mit Cobin Claims und Aigner Rechtsanwälte – die Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH (Wien) wegen deren Testat zur Bilanz der WienWert AG  2016 verklagt hat, zu dem zwei Gerichtsgutachter bereits die Werthaltigkeit einer dort mit aktivierten Marke massiv angezweifelt haben.

Aus dem vorliegenden  Prüfbericht der  KPMG gehen massive Anschuldigungen gegen die Bilanzprüfungen ab 2017 der Wirecard Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (München), die erst am 29.6.2020 die Existenz von Treuhandkonten im Umfang von € 1.945.000.000 nach jahrelangen Testaten  bezweifelt  und den Bestätigungsvermerk  zum Jahresabschluss 2019 versagt hatte. Die Bestätigungen der Treuhandkonten waren laut Auskunft der Bank of Philippine Islands „ spurious“ („unecht“) und laut Adhoc-Meldung der Gesellschaft vom 22.6.2020 offenbar nicht existent. Gemäß dem Fachgutachten FG 1/1977 müssen Saldenbestätigungen (SB) der betroffenen Banken direkt von diesen eingeholt werden, wenn die Höhe der Forderungen und Verbindlichkeiten absolut oder relativ von Bedeutung ist.

Anleger können sich unter folgenden Voraussetzungen mit ihren Ansprüchen melden und Klage erheben:

  • Anleger mit Österreichbezug (Wirecard wurde an der Wiener Börse gehandelt), die
  • im Vertrauen auf einen Bestätigungsvermerk der EY Aktien oder Anleihen gemäß dem auf den Jahresabschlussprüfungen basierenden und nach Österreich notifizierten Basisprospekt gekauft haben
  • oder wegen der öffentlichen  Erklärungen der Wirecard zu den erteilten Bestätigungsvermerken der Wirtschaftsprüfer trotz der Gerüchte in Fachmedien nicht verkauft haben.

Gemäß dem von Neumayer, Walter & Haslinger erwirkten Urteil des OGH 8Ob23/19v ergibt sich die nach der Rechtsprechung des EuGH zudem für den Gerichtsstand in Österreich  geforderte Vorhersehbarkeit eines Erfolgsorts in Österreich aus der Kenntnis des Wirtschaftsprüfers von der beabsichtigten Verwendung der von ihm ausgestellten Bestätigungen in Österreich und die über eine österr. Bank erteilte Bestätigung, womit die  internationale Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nach den vom EuGH in der Rechtssache C-314/17, Löber, postulierten Voraussetzungen zu bejahen wären. 

Nach Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 kann, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Orts geklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Gemäß  dem restriktiveren Beschluss OGH 1 Ob 22/ sind die Gerichte am Wohnsitz des Anlegers dann für auf deliktische Ansprüche gestützte Klagen zuständig, wenn die anlage – und schadenstypisch beteiligten Konten bei Banken in Österreich gehalten wurden und darüber hinaus auch die sonst vorliegenden Umstände (insbesondere zB Erwerb in Österreich, Eingehen der Verpflichtung aufgrund von notifizierten Prospektangaben) zur Zuweisung an österreichische Gerichte anstelle der Gerichte am Wohnsitz des Beklagten beitragen. Ob solche „spezifischen Gegebenheiten“ in ausreichender Weise und mit entsprechendem Gewicht vorliegen, sei eine Frage der konkreten Einzelfallbeurteilung. 

Auch existierte eine HVB Aktienanleihe auf die Aktie der Wirecard AG | DE000HVB4940, deren Zeichner wohl auch geschädigt sein dürften.

Warum bei ausreichendem Österreichbezug in Österreich klagen?

Nach der Judikatur besteht eine stärkere Beziehung zum Recht des Erfolgsorts (hier Österreich), wenn der Schädiger typischerweise mit der Schädigung jenseits der Grenzen des Handlungsstaats rechnen musste (RIS-Justiz RS0077491).

Nach dem von Neumayer, Walter Haslinger erwirkten Urteil des OGH 6Ob 233/18k bestehen allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftungsansprüche dann, wenn ein Anleger unter anderem durch irreführende Prospektangaben zur Zeichnung einer Kapitalanlage bewegt wird. Der potentielle Kapitalanleger muss sich grundsätzlich auf die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der im Prospekt enthaltenen Angaben verlassen dürfen. Für eine sachlich richtige und vollständige Information haben all jene Personen einzustehen, die durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken an der Prospektgestaltung einen besonderen – zusätzlichen – Vertrauenstatbestand schaffen. Dazu gehören insbesondere Personen, die mit Rücksicht auf ihre allgemein anerkannte herausgehobene berufliche und wirtschaftliche Stellung oder ihre Eigenschaft als berufsmäßige Sachkenner eine Garantenstellung einnehmen (RIS-Justiz RS0107352). Als Sachverständigen trifft einen solchen „Sachkenner“ darüber hinaus eine objektiv-rechtliche (zur Abgrenzung von der Haftung aufgrund eines Vertrags mit Schutzpflichten zugunsten Dritter vgl 7 Ob 38/17i mwN) Sorgfaltspflicht zu Gunsten derjenigen Personen, hinsichtlich derer er damit rechnen musste, dass sein Gutachten oder seine Auskunft die Grundlage für ihre Disposition bilden würde.  

Dies ist viel weiter als die deutsche Judikatur, die laut BGH (BGH III ZR 277/08)  enger ist. So können Personen, wie etwa Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, aus Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte gegenüber Personen haften, denen gegenüber der Auftraggeber von dem Gutachten bestimmungsgemäß Gebrauch macht. Das Bestehen und die Reichweite eines etwaigen Drittschutzes sind durch Auslegung des jeweiligen Prüfvertrages zu ermitteln. 

Eine weitere  Kooperation von  Zarbl und Neumayer betrifft die nur noch 2020 geltend gemacht werden könnende mögliche Prospektprüferhaftung der TPA Wirtschaftsprüfung GmbH für den Prospekt der Shedlin Middle  East Health Care 2 GmbH & Co KG vom 13.4.2010 wegen der im Prospekt unerwähnten,  später von der Anwaltskanzlei Pisent Masons am 29.6.2010 der Gesellschaft aber bestätigten Tatsache, dass eine mehrheitlich ausländische Gesellschaft keinen Titel ( freehold oder lease hold) an Land in den Vereinigten Arabischen Emiraten erwerben kann, der lokale Partner nicht registrierter Grundeigentümer für das auszubauende Hospital war und eine Baubewilligung völlig fehlte.

Wir hoffen angesichts der Häufung von Prospekt-und Abschlussprüfungen, die – ob verschuldet müssen die Gerichte klären- nicht das richtige Bild des Anlageobjektes zeichnen, mit dieser Vereinsstruktur ein Vehikel geschaffen zu haben, dass die Vorsicht der Prüfer in Zukunft steigern wird und hilft, die Anleger zu entschädigen.